Rückblick -  Was 2022 passiert ist:

 

Wieder einmal stand ein neues Jahr im Schatten einer gewaltigen Krise. Am 24.02.22 marschierten russische Truppen in die Ukraine ein. Es begann ein Krieg, der gegen das Völkerrecht verstieß.

Diese Ausnahmesituation begleitete seitdem auch die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege. Es erfolgte die Beteiligung an dem Krisen- bzw. Koordinierungsstab der Stadt. Kurzfristig waren Spenden und andere Hilfen zu koordinieren. Mittelfristig war die Unterbringung und die Integration von ukrainischen Geflüchteten zu organisieren. Es stieg der Bedarf an Beratungsangeboten; dies auch zuletzt vor dem Hintergrund der Energiekrise. Diese Krise betrifft mittelfristig nun auch die Wuppertaler Bürger*innen und wird die AGFW mindestens in das Jahr 2023 thematisch begleiten.

 

Die AGFW hat sich im Jahr 2022 an der Konzeption des städtischen PSNV-Konzepts beteiligt. Dies beinhaltet die psychosoziale Notfallversorgung der Wuppertaler Bürger*innen in Großeinsatzlagen und Katastrophen. Betroffene Menschen erhalten so Unterstützung und Hilfe zur Erfahrungsverarbeitung, um (Folge-)belastungen abzumildern. Die vergangenen Krisen (u.a. Flutkatastrophe) haben gezeigt, wie wichtig diese Maßnahmen sind. Hier steht die AGFW weiterhin in enger Kommunikation mit der Stadt und der Feuerwehr, um die geplanten Maßnahmen aus dem Konzept auch konkret umzusetzen.

Seit der Nacht vom 14.07.21 auf den 15.07.21 betreuen die Freien Wohlfahrtsverbände bspw. die betroffenen Wuppertaler Bürger*innen hinsichtlich der Folgen der Hochwasserflut. Bis heute müssen die Menschen dort mit den Folgen zurechtkommen und sich ihr Leben teilweise wieder von vorne aufbauen.  

 

Im Zuge der NRW-Landtagswahl hat sich die Wuppertaler AGFW am 29.04.22 mit den Solinger und Remscheider Ligen zu einem öffentlichen Austausch mit den Kandidat*innen aus dem Bergischen Städtedreieck getroffen. Hierzu waren auch die jeweiligen örtlichen Medienvertreter*innen eingeladen. Themen wie „Schulsozialarbeit, Offener Ganztag, Subsidiarität, Finanzierung von Kindertagesstätten, Digitalisierung und Kommunales Integrationsmanagement“ wurden im gemeinsamen Dialog besprochen.

Es erfolgt noch am 09.12.22 ein Gespräch im Bergischen Rahmen mit den Mitgliedern des Bundestages zu sozialpolitischen Themen – bspw. „Zukunft der Pflege, Personalmangel, Arbeitsmarktintegration, Überschuldung der Kommunen und Altschuldenfonds im Kontext von Armut, Einflussnahme auf Bundesgesetzebene/ Verantwortung des Bundes, Wachstum/ Notwendigkeit der Tafeln in Deutschland“.

 

Die AGFW hat sich in Gesprächen gegenüber der Stadtspitze sehr deutlich bzgl. der Notwendigkeit einer ausreichenden Finanzierung der sozialpolitischen Bereiche positioniert. Immer mehr Wuppertaler Bürger*innen bangen derzeit um ihre soziale und wirtschaftliche Existenz. Deren Sicherung sollte an erster Stelle stehen.

 

 

 

Zwischenthemen 2022 und 2023 und was ist der Ausblick für das Jahr 2023:

 

 

Im Jahr 2022 ging das Kooperationsprojekt zwischen der Bergischen Universität Wuppertal und der Bergischen Freien Wohlfahrtspflege in die operative Phase. Die Umfrage über betriebswirtschaftliche Kennzahlen seitens der Universität erfolgte an alle Dienste und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege im Bergischen Städtedreieck. Ziel des Projekts ist es, die soziale und ökonomische Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege als Arbeitgeber im Bergischen Städtedreieck wissenschaftlich hervorzuheben. Derzeit befinden sich die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen in der Datenauswertung und leiten daraus die gesellschaftlichen Werteffekte ab, um die Wirkung der sozialen Dienstleistungen für alle nachvollziehbar zu machen. Die Ergebnisse können im Jahr 2023 öffentlich präsentiert werden.  

 

Die steigende Inflation und die Notwendigkeit zur umfangreichen Armutsbekämpfung führten dazu, dass die AGFW ihren Antrag auf Zuschüsse aus dem städtischen Haushalt für das Jahr 2022 auf eine fünf-prozentige Dynamisierung (anstelle der bisher beantragten 3,5 %) anheben musste. Bisher waren die sozialen Angebote der Freien Wohlfahrtspflege mit einer einprozentigen Dynamisierung schlichtweg nicht auskömmlich. Viele Angebote für die unterschiedlichsten Bedarfslagen der Wuppertaler Bürger*innen waren dadurch von chronischer Unterfinanzierung und/ oder Schließungen bedroht. Durch einen städtischen Sonderzuschuss i.H.v. 1,2 Mio. € konnten diese Angebote zwar für das Jahr 2022 aufgefangen werden. Die finanzielle Situation für das Jahr 2023 ist allerdings weiterhin ungewiss, da es sich bisher um einen einmaligen Sonderzuschuss handelt und die Stadt diesmal für 2022 und 2023 zwei getrennte Haushaltspläne aufstellt.

Die auskömmliche Finanzierung von Angeboten ist dauerhafte Aufgabe der Stadt und der Politik.

Die AGFW steht hierzu in engem Austausch mit der Stadtverwaltung und den Ratsfraktionen. Auch – und gerade - im Jahr 2023 müssen die bestehenden sozialen Angebote nicht nur gesichert, sondern auch – aufgrund der steigenden Bedarfslage durch die Krisen – ausgebaut werden. Sämtliche Kostensteigerungen müssen in dem Haushaltsplan 2023 berücksichtigt werden!

Letztendlich leisteten in der akuten Ukraine-Krisenlage viele Menschen und Institutionen ehrenamtliche Hilfe, aber die dauerhaften Angebote werden professionelle Aufgabe der Freien Wohlfahrtspflege bleiben. Die Energiepreiserhöhungen betreffen letztendlich alle sozialen Bereiche. Die Folgen der Energiekrise müssen gemeinschaftlich gemildert werden, um zu verhindern, dass zukünftig viele weitere Privathaushalte von Armut betroffen sein werden.

 

Zusätzlich machte sich im vergangenen Jahr ein signifikanter Fachkräftemangel in den sozialen Bereichen bemerkbar, welcher auch die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in das kommende Jahr begleiten wird. Die Qualität im Bereich Pflege hat aufgrund des Personalmangels stark nachgelassen und geht in Richtung „Gefährliche Pflege“. Die Mitarbeiter*innen sind aufgrund der vergangenen – und immer noch andauernden – Coronakrisensituation schlichtweg mit ihren Ressourcen am Ende. Entlastungen durch Leiharbeitsfirmen brachten keine Erleichterungen. Kurzfristig müssen immer weitere Verordnungen umgesetzt werden. Es müssen bereits potenzielle Patient*innen bzw. Bewohner*innen seitens der Dienste und Einrichtungen abgewiesen werden, weil das Personal fehlt. Auch der Bereich der Kinder- und Jugendhilfe verzeichnet einen hohen Fachkräftemangel. Dieser wurde bereits in Gesprächen mit der Jugendamtsleiterin und dem Sozialdezernenten der Stadt Wuppertal sowie auf dem Jugendhilfeausschuss vom 25.10.22 thematisiert.

 

Diese Koinzidenz der Ereignisse durch die Krisen – Unterfinanzierung, Zunahme der Armut und Fachkräftemangel – zeigt deutlich, wie angespannt die derzeitige Situation ist. Die Gesamtforderung der Verbände nimmt daher einen noch höheren Stellenwert in der Gesellschaft ein als bisher:

Wir haben einen öffentlichen Auftrag für die Wuppertaler Bürger*innen, den wir mit angemessener Vergütung erfüllen wollen!

 

Hier stellt sich die Frage, wie nicht nur die Kommune, sondern auch das Land und der Bund zukünftig bereit sind, der bevorstehenden Zunahme an Armut entgegenzusteuern!